Wie wird sich der zukünftige Energiemix vom heutigen unterscheiden?

Im Jahr 2050 wird sich unser Energiemix ganz anders zusammensetzen als heute: Er wird vielfältiger sein (insbesondere aufgrund der neuen erneuerbaren Energien), er wird keinen Atomstrom mehr umfassen (zumindest keinen einheimischen) und viel weniger von Erdölprodukten abhängen. Es gibt zwei grosse Unsicherheiten: Die Rolle von Erdgas und Biotreibstoffen.

Die erste grosse Veränderung besteht darin, dass die Schweiz die erneuerbaren Energien auf jeden Fall stark ausbauen wird. Folglich wird unser Energiemix – mit dem zunehmenden Ausbau von Solar- und Windenergie, der Nutzung der Umgebungswärme (Wärmepumpen), der Biomasse und, vielleicht, der Tiefengeothermie – vielfältiger werden. Wenn es uns gelingt, das Potenzial dieser erneuerbaren Energien zu nutzen, könnte der Anteil letzterer im Schweizer Energiemix von derzeit etwa 20% auf 66% im Jahr 2050 steigen (wenn gleichzeitig das Energieeffizienzpotenzial genutzt wurde, um die Gesamtenergienachfrage zu reduzieren).

Die zweite deutliche Veränderung ist das geplante Verschwinden des einheimischen Atomstroms. Je nach der Bedeutung, die wir Stromimporten zumessen, könnte es aber dennoch sein, dass wir einen mehr oder weniger grossen Anteil Atomstrom nutzen, obwohl eine solche Wahl eigentlich in völligem Widerspruch zum Verzicht auf unsere eigenen Kernkraftwerke steht.

Die dritte bedeutende Veränderung betrifft den drastischen bis praktisch vollständigen Rückgang der Nutzung von Heizöl für Heizzwecke bis zum Jahr 2050. Unsere Erdölabhängigkeit wird in der Folge stark sinken.

In den Bereichen Verkehr und Mobilität werden wir wahrscheinlich auch weiter sehr stark von fossilen Treibstoffen (Benzin, Diesel, Kerosin) abhängen. Warum? Aufgrund der Grösse unserer Fahrzeugflotte (ca. 4 Millionen Fahrzeuge) und der relativ langen Erneuerungsrate (die durchschnittliche Lebensdauer der Autos beträgt etwa 12 Jahre). Elektro- oder Gasautos können die Situation bis zu einem gewissen Grad ändern, es ist aber nicht sicher, wie viel Akzeptanz sie mittelfristig in der Bevölkerung finden.

Ausserdem ist in Bezug auf den Verkehrsbereich sehr ungewiss, wie viel Biotreibstoff im Jahr 2050 Benzin, Diesel und Kerosin beigemischt wird. Im Prinzip werden die Biotreibstoffe der sogenannten 2. und 3. Generation in den kommenden Jahren an Bedeutung gewinnen. Diese Biotreibstoffe, die aus Biomasse von Nicht-Nahrungspflanzen (Holz, Algen, Kräuter usw.) hergestellt werden, sollten eigentlich deutlich geringere soziale und ökologische Auswirkungen haben als die Biotreibstoffe der 1. Generation. Wenn dieses Nachhaltigkeitsversprechen auch tatsächlich eingehalten wird, könnte sich die Schweiz dazu entschliessen, diese neuen Biotreibstoffe massiv zu importieren und den Verbrauch fossiler Brennstoffe entsprechend zu reduzieren [→ F56].

Die letzte und wahrscheinlich wichtigste Ungewissheit in Bezug auf unseren zukünftigen Energiemix betrifft die Rolle von Erdgas. Wir wissen, dass der relative Gasanteil für Heizzwecke aufgrund des Ersatzes von Heizöl wahrscheinlich ansteigen wird. Hingegen ist es schwieriger vorauszusehen, welche Rolle Gas für die Stromerzeugung und im Mobilitätssektor spielen wird. Sollte sich die Schweiz für eine einheimische Stromerzeugung mit Gas entscheiden [→ F85] und [→ F89] und ausserdem beschliessen, gasbetriebene Fahrzeuge in grossem Umfang zu unterstützen [→ F34], würde das unsere Abhängigkeit von diesem fossilen Energieträger stark erhöhen. In einem solchen Szenario könnte der Anteil von Erdgas in unserem Energiemix theoretisch von heute 12% auf mehr als 40% im Jahr 2050 steigen. Eine solche Abhängigkeit von Erdgas ist wahrscheinlich nicht wünschenswert, sowohl aufgrund der überhöhten Treibhausgasemissionen (CO2) als auch aus Gründen der Versorgungssicherheit, es sei denn, die in der Schweiz identifizierten Vorkommen erweisen sich als gross genug und werden tatsächlich genutzt [→ F25]. Umgekehrt könnten wir uns auch dafür entscheiden, diesen Energieträger nicht zu unterstützen und somit unsere Abhängigkeit von Erdgas drastisch zu reduzieren: von heute 12% auf 6 oder 7% im Jahr 2050.

Quellen

Office fédéral de l'énergie (OFEN) (2018)
(). Statistique suisse de l’électricité 2018. OFEN.
Office fédéral de l'énergie (OFEN) (2019)
(). Statistique globale de l’énergie 2018. OFEN.
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