Wie können wir das heutige Stromnetz an das Energiesystem von morgen anpassen?

Das Schweizer Stromnetz muss erneuert und verstärkt, besser ins europäische Stromnetz integriert und „intelligent“ gemacht werden (Smart Grid). Dies ist einerseits nötig, um auf unseren steigenden Verbrauch und den vermehrten Austausch mit dem Ausland zu reagieren, und andererseits, damit das Netz die steigende Produktion von Strom aus erneuerbaren Quellen (grüner Strom) aufnehmen kann. Diese Modernisierungsarbeiten an unserem Stromnetz sind unabhängig von der gewählten Strategie eine Voraussetzung für den Erfolg unseres Kernenergieausstiegs.

Das Schweizer Höchstspannungsnetz (380 und 220 Kilovolt) stammt im Wesentlichen aus den 1970er Jahren. In den letzten 40 Jahren hat sich unser Stromverbrauch aber verdoppelt, unsere Exporte haben sich versechsfacht und unsere Importe praktisch verzehnfacht. Das bestehende Netz hat seine Grenzen erreicht – in Bezug auf sein Alter und auf seine Stromübertragungskapazität. Die Netzbetreiber sind der Meinung, dass dringend eine Verstärkung des Netzes notwendig ist, um das Wachstum des Verbrauchs und unseres internationalen Austauschs bewältigen zu können. Unser Netz weist eine Reihe von Engpässen in der Höchstspannungsübertragung auf, insbesondere an unseren Grenzen [→ F71], sowie in der Romandie. Diese Schwachstellen des Netzes bergen angesichts des derzeitigen Sättigungsgrades ein steigendes Risiko für unsere Versorgungssicherheit, auch wenn innerhalb der Branche keine völlige Einigkeit über die Bedeutung dieser Problematik herrscht.

Trotz ihrer Dringlichkeit sind Projekte zur Verstärkung des Stromnetzes aufgrund ihrer visuellen Auswirkungen mit zahlreichen Einsprüchen konfrontiert, was ihre Bewilligungsverfahren deutlich verlangsamt. Zu erwähnen wäre hier z. B. der symbolische Fall der Hochspannungsleitung zwischen Galmiz (Freiburg) und Verbois (Genf), dessen Arbeiten im Jahr 1976 begannen, und die immer noch nicht fertiggestellt ist. Die Erhaltung einer leistungsfähigen Infrastruktur für die Stromübertragung und-verteilung ist aber ein zentrales Element für die Sicherstellung der Versorgungssicherheit [→ F23]. Die Verlegung von Erdkabeln würde ungefähr 10-mal mehr kosten als der Bau neuer Freileitungen.

Eine andere grosse Herausforderung, mit der unser Stromnetz konfrontiert ist, liegt in der erwarteten Zunahme der Stromerzeugung aus erneuerbaren Energiequellen. Das bestehende Netz wurde nicht für stark dezentralisierte Stromeinspeisungen gebaut (mit vielen kleinen über das gesamte Netz verteilten Produzenten). Es wurde auch nicht dafür gebaut, die stark schwankenden Strommengen der Solar- und Windkraftanlagen zu bewältigen, deren Produktion von den meteorologischen Bedingungen abhängt. Das verkompliziert das Netzmanagement, weil Erzeugung und Verbrauch ständig im Gleichgewicht sein müssen, um Strompannen zu vermeiden [→ F72]

Um diese neue Situation anzugehen und dasWachstum des Stroms aus erneuerbaren Energiequellen weiterzuführen, muss das Netz auf 3 Ebenen umgebaut werden.

Erstens muss das Netz durch Technologien, die üblicherweise als „Smart Grid“ bezeichnet werden, „intelligent“ gemacht werden, um ein besseres Management der Nachfrage zu ermöglichen [→ F69] et [→ F78].

Zweitens müssen die Speicherkapazitäten ausgebaut werden, sei es auf lokaler Ebene (Batterien), regionaler Ebene (z. B. „Power-to-Gas“) oder nationaler Ebene (Pumpspeicherung), um den Überschuss der fluktuierenden erneuerbaren Stromerzeugung aufnehmen zu können [→ F74].

Drittens muss das Schweizer Netz in die geplanten transeuropäischen Hochleistungsstromnetze („Supergrids“ oder „Stromautobahnen“) eingebunden werden, um eine effiziente Übertragung des Stroms über lange Strecken zu garantieren. Diese neuen Infrastrukturen werden angesichts des massiven Durchbruchs von Solar- und Windstrom eine bedeutende Rolle für den Netzausgleich auf europäischer Ebene spielen. Die Integration in diese Netze bietet der Schweiz sehr interessante wirtschaftliche Möglichkeiten für ihre Pumpspeicherkraftwerke und ermöglicht es ihr, die Rolle der „Batterie“ Europas zu spielen [→ F73].

Quellen

Association des entreprises électriques suisses (VSE/AES) (2012)
(). Contributions des technologies de production à l’approvisionnement en électricité et à la stabilité du système électrique.
International Energy Agency (IEA) (2017)
(). Energy technology perspectives 2017 - catalysing energy technology transformations.
Le Temps (2015)
(). Le projet de ligne électrique galmiz-mathod est abandonné. [Online]. Available at: www.letemps.ch/economie/projet-ligne-electrique-galmizmathod-abandonne.
Pauchard, Pierre (arcinfo.ch) (2015)
(). Le projet de ligne électrique yverdon-villarepos est déposé. [Online]. Available at: www.arcinfo.ch/articles/economie/le-projet-de-ligne-electrique-yverdon-villarepos-est-depose-89558.
SwissElectric (2019)
(). Lignes à haute tension: Exigences posées par l’ORNI. [Online]. Available at: www.bafu.admin.ch/bafu/fr/home/themes/electrosmog/info-specialistes/mesures-contre-l-electrosmog/lignes-a-haute-tension--exigences-posees-par-l-orni.html.
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