Wie gross ist das Energiesparpotenzial der Schweizer Industrie?

Das Energiesparpotenzial im Industrie- und Dienstleistungssektor, insbesondere mittels Energieeffizienzmassnahmen, ist sehr hoch: Es liegt bei 25 bis 30%, sowohl beim Strom als auch bei den Brennstoffen, d. h. es könnten potenzielle 11 bis 14 TWh Endenergie eingespart werden.

Die Schweizer Industrie verbraucht 18% (46 TWh) unserer Endenergie, v. a. in Form von Strom und fossilen Brennstoffen für die Wärmeerzeugung. Dieser Anteil liegt unter dem europäischen Durchschnitt (25%), was sich dadurch erklärt, dass sich die Schweiz nach und nach deindustrialisiert hat, und zwar zugunsten einer Wirtschaft, die immer mehr auf Dienstleistungen abgestützt ist, welche weniger Energie verbrauchen [→ F8].

Die zu ergreifenden Energiesparmassnahmen im industriellen Sektor sind vorerst eine verbesserte Isolierung sowie bessere Regelungen (der Anlagen), Verfahrensoptimierungen und – in gewissen Fällen – der Ersatz von veralteten oder schlecht dimensionierten technischen Anlagen durch solche, die weniger Energie verbrauchen.

Die industriellen Aktivitäten verbrauchen 75% der Energie in Form von Wärme, in Anlagen wie z. B. Öfen, Chemiereaktoren, Heizkesseln oder Trocknungsanlagen. Die Erzeugung und Verwendung dieser Wärme ist noch zu selten optimiert. Dies führt zu bedeutenden Energieverlusten. Eine Optimierung der industriellen Prozesse würde es ermöglichen, diese Verluste bedeutend zu verringern. Dabei geht es einerseits darum, die Wärme auf eine effiziente Art und in der richtigen Temperatur zu erzeugen. In diesem Sinn bietet die Verbindung von Wärmepumpen mit Wärmekraftkopplungsanlagen in industriellen Prozessen ein sehr grosses Energieeinsparpotenzial [→ F27]. Andererseits gilt es, die Abwärme zu verwerten: So können z. B. die Verluste eines Heizkessels zur Speisung von Trocknungsanlagen verwendet werden, anstatt hierfür eine eigene Energiequelle zu betreiben. Derartige Verbesserungen können betriebsintern oder durch betriebsübergreifenden Austausch zwischen nahe beieinanderliegenden Unternehmen erfolgen. Manchmal ist es sogar möglich, die Abwärme zur Stromerzeugung zu nutzen. Je höher die Temperatur der Abwärme, desto höher ist ihr Nutzungspotenzial.

In der Industrie besteht auch ein sehr grosses Stromsparpotenzial, das noch überwiegend ungenutzt ist. Es betrifft v. a. Elektroantriebe (Motoren und Antriebssysteme) die ca. ¾ des Stromverbrauchs ausmachen. Zahlreiche Geräte wie Pumpen, Ventilatoren und Kompressoren (die in Kühlschränken, Klimaanlagen, Wärmepumpen usw. enthalten sind) sind oft überdimensioniert, schlecht genutzt sowie veraltet und daher nicht sehr effizient. Das Einsparpotenzial für grosse Anlagen, die viele Stunden pro Jahr in Betrieb sind, liegt bei 15 bis 30%, oder sogar mehr. So könnten durch die Nutzung von hocheffizienten und richtig dimensionierten Elektroantrieben pro Jahr fast 8 TWh Strom eingespart werden. In diesem theoretischen Potenzial ist die in der Praxis schwer umsetzbare Möglichkeit eines rentablen Ersatzes kleinerer Antriebe nicht berücksichtigt, von denen es in der Schweiz mehrere Millionen gibt. Ein realistisches Potenzial liegt zwischen 4 und 5 TWh, d. h. zwischen 7 und 8% unseres Gesamtstromverbrauchs. Das ist ein nicht vernachlässigbares Einsparpotenzial, das dem Potenzial der Windkraft in der Schweiz entspricht (4,7 TWh Strom pro Jahr).

Quellen

Dupont & Sapora (2009)
& (). The heat recovery potential in the French industry: which opportunities for heat pump systems.
Office fédéral de l'énergie (OFEN) (2019)
(). Statistique globale de l’énergie 2018. OFEN.
TOPMOTORS (2019)
(). TOPMOTORS La plateforme d’information pour des systèmes d’entraînement efficaces en Suisse. [Online]. Available at: www.topmotors.ch/fr.
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