Welche Rolle spielen künftig Erdgas und Heizöl?

Der Heizölverbrauch wird in den nächsten Jahren in der Schweiz weiter sinken und könnte im Jahr 2050 nur noch von marginaler Bedeutung sein. Die Entwicklung des Gasverbrauchs in der Schweiz ist unsicherer und wird davon abhängen, welche Rolle wir diesem Brennstoff zugestehen und zwar nicht nur für die Beheizung sondern auch für die Stromerzeugung und im Verkehr. Diese Wahl könnte weitgehend von der Position beeinflusst werden, die Europa und die Schweiz in Bezug auf die Nutzung der unkonventionellen Gasvorkommen (Schiefergas) einnehmen.

Die Verbrennung von Heizöl und – in geringerem Mass – auch jene von Erdgas verursacht CO2-Emissionen, die zur Klimaerwärmung beitragen. Heute nutzt die Schweiz diese Brennstoffe v. a. für Heizzwecke. Zur Erzeugung von Raumwärme stehen aber mehrere erneuerbare und wirtschaftliche Alternativen zu diesen fossilen Energieträgern zur Verfügung. Dazu zählen insbesondere Solarkollektoren, Holzpellets, Wärmepumpen und Wärmekraftkopplungsanlagen, die von Biomasseabfällen oder Kehricht gespeist werden. In diesem Umfeld ist eine Verbrennung von Gas und Heizöl zur alleinigen Erzeugung von Raumwärme aus Energie- und Klimasicht nicht mehr gerechtfertigt.

So geht der Heizölverbrauch seit den 1970er-Jahren auch kontinuierlich zurück und zwar aus drei Gründen: Der verringerte Heizbedarf dank der verbesserten Isolierung der Gebäude, technische Verbesserungen (Aufkommen der Brennwertkessel) und der (teilweise oder vollständige) Ersatz durch andere Energieträger (Gas, Pellets, thermische Solarenergie usw.). Dieser Trend wird sich wahrscheinlich fortsetzen. Mit Horizont 2050 könnte das Heizöl weniger als 14 TWh unseres Energiemixes ausmachen, im Gegensatz zu 45 TWh heute, wenn man von den Szenarien der Energiestrategie des Bundes ausgeht [→ F86].

Das Zurückgreifen auf Erdgas und Heizöl lässt sich allerdings bezüglich der Energieeffizienz in zwei Fällen rechtfertigen: (Mit Gas oder Heizöl betriebene) Wärmepumpen und Wärmekraftkopplungsanlagen, die gleichzeitig Strom und Wärme liefern [→ F28]. Die Mikro-Wärmekraftkopplung für Zentralheizungen von Gebäuden ist eine sehr vielversprechende Technologie, steht aber noch vor wirtschaftlichen Problemen [→ F27].

Die Verwendung von Erdgas zur alleinigen Erzeugung von Strom in Grossgaskraftwerken ist einer der Hauptdiskussionspunkte in Bezug auf die Energiewende. Es gibt heute keine Gewissheit in Bezug auf die Anzahl der Kraftwerke, die in der Schweiz errichtet werden könnten [→ F89].

Schliesslich ist das als Treibstoff verwendete Erdgas von Interesse für ein CO2-ärmeres Verkehrswesen: Mit Erdgas betriebene Fahrzeuge stossen ca. 22% weniger CO2 aus als Benzin- oder Dieselfahrzeuge vergleichbarer Grösse, und sind für die Verbraucher gleichzeitig deutlich billiger [→ F33].

Diese technologischen Erwägungen müssen vor dem Hintergrund der Versorgungssicherheit gesehen werden. Während die konventionellen Erdgasvorkommen in Europa sich sehr rasch erschöpfen, scheinen bedeutende Vorkommen unkonventionellen Erdgases zu existieren (insbesondere Schiefergas und eingeschlossenes Erdgas), v.a. in Frankreich, Grossbritannien, den Niederlanden, Polen und in der Schweiz [→ F23].

In Europa wird unkonventionelles Gas – im Gegensatz zu den USA – derzeit nicht genutzt. Die Technik der Gesteinssprengung („Fracking“), die seine Förderung ermöglicht, ist nach wie vor sehr umstritten. Diese Technik birgt das – begrenzte aber reale – Risiko, dass einerseits im Fall einer schlechten Abdichtung des Bohrlochs das Grundwasser verschmutzt wird und andererseits Erderschütterungen verursacht werden, so wie in St. Gallen [→ F62]. Diese Frage wird sehr hitzig diskutiert und die derzeitige Vorsicht Europas könnte sich rasch in Richtung einer Nutzung dieser Ressource entwickeln, wenn sich die Versorgungssicherheit mit Erdgas verschlechtern sollte. Unkonventionelles Gas könnte die geopolitischen Verhältnisse für Europa und die Schweiz ändern, genau wie in den USA , wo die grossflächige Förderung von Schiefergas zu einer signifikanten Zunahme der Energieunabhängigkeit geführt hat. Es ist sehr wahrscheinlich, dass die Schweizerinnen und Schweizer in einer Volksabstimmung über die Frage der künftigen Förderung von unkonventionellem Gas zu entscheiden haben.

Quellen

Office fédéral de l'énergie (OFEN) (2013)
(). Perspectives énergétiques 2050.
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