Welche Herausforderungen wirft die Schweizer Energiewende auf?

Die Herausforderungen sind folgender Natur: strategisch (Erhaltung der Versorgungssicherheit auf hohem Niveau, nicht nur für den Strom, wenn keine Kernkraftwerke mehr betrieben werden, sondern auch für Treib- und Brennstoffe), sozioökonomisch (Erhaltung des Preisniveaus auf einer für alle erschwinglichen Ebene), ökologisch (Minimierung der Auswirkungen auf Natur und Landschaft) und klimaschutz-relevant (Reduktion unserer Treibhausgasemissionen). Ausserdem gilt es, rasch zu handeln.

Vorab: Die meisten unserer Stromimportverträge mit Frankreich, die etwa 12 TWh/Jahr ausmachen, laufen zwischen 2018 und 2035 aus. Diese Fristen fallen mit der Abschaltung der ersten unserer Kernkraftwerke zusammen [→ F16]. Ohne neue Versorgungsquellen geht die Schweiz somit das Risiko ein ab 2020 einem Stromengpass ausgesetzt zu sein, falls alle unsere Kernkraftwerke nach 50 Jahren Betriebsdauer abgeschaltet werden würden. Bei einer Betriebszeit von 60 Jahren könnte diese Verknappung bis ungefähr 2030 hinausgezögert werden [→ siehe Abb. unten].

Ausserdem hat sich die Schweiz zur Reduzierung ihrer Treibhausgasemissionen verpflichtet. Da die Kernkraftwerke direkt kein CO2 ausstossen [→ F17], müssen wir unseren Atomstrom so ersetzen, dass wir unsere Anstrengungen zur Reduktion der CO2- Emissionen nicht gefährden.

Die Schweiz möchte ihre Energieunabhängigkeit und Versorgungssicherheit verbessern [→ F20] und  [→ F23], und gleichzeitig ihre industrielle Wettbewerbsfähigkeit erhalten. Aus dieser Sicht ist es natürlich nicht wünschenswert, unsere Auslandsabhängigkeit zu erhöhen, indem wir einheimischen Atomstrom durch Stromimporte ersetzen – so denn dies langfristig überhaupt möglich ist.

Ausserdem möchte die Bevölkerung – wie die Debatte um die Windkraftwerke zeigt – dass der Ersatz unserer Kernkraftwerke durch andere Energiequellen keine erheblichen Auswirkungen auf unsere Umwelt und Landschaft hat.

Technische Lösungen für den Kernenergieausstieg sind vorhanden, es wird aber sehr kompliziert werden, alle – z. T. widersprüchlichen – Kriterien gemeinsam zu erfüllen. Die verschiedenen Interessensgruppen und politischen Parteien müssen trotz ihrer unterschiedlichen Meinungen Kompromisse bezüglich der Prioritäten und Gewichtungen der verschiedenen zur Debatte stehenden Kriterien finden.

Es wird entscheidend sein, uns in möglichst kurzer Zeit auf unsere Energiestrategie zu einigen. Der Ersatz der Produktion der fünf Atomreaktoren bei gleichzeitiger Reduzierung unserer Abhängigkeit von fossilen Energieträgern wird nicht von heute auf morgen passieren. Je länger wir warten, uns für einen Weg zu entscheiden, desto weniger Optionen stehen uns zur Verfügung.

Quellen

Püttgen, Hans B. (2010)
(). La Suisse électrique du futur - Plaque tournante électrique au coeur de l’Europe ou réduit national isolé dans ses montagnes et vallées?. Bulletin SEV/VSE, 101(9). 72.
SwissElectric (2007)
(). Communiqué de presse - Avenir de l’approvisionnement en électricité de la Suisse - la stratégie des investisseurs.
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