Welche Energieeinsparungen würden erzielt werden, wenn alle Gebäude auf Minergie®-Standard renoviert würden?

Wenn der gesamte Schweizer Gebäudepark nach dem regulären Minergie®-Standard (oder einem anderen gleichwertigen Label) saniert würde, würde er lediglich etwa halb so viel Endenergie verbrauchen wie jetzt. Das entspricht einer Reduktion von 36 TWh, d. h. etwa 15% unseres Gesamt- Endenergieverbrauchs.

Das seit etwa zwanzig Jahren in der Schweiz entwickelte Minergie®-Label ist ein freiwilliger Baustandard für neue oder sanierte Gebäude. Es garantiert ein hohes Komfortniveau, eine hohe Energieeffizienz und den vermehrten Einsatz erneuerbarer Energien. Dieser reguläre Minergie®-Standard wird durch anspruchsvollere Label ergänzt: Minergie® P, das einen noch niedrigeren Verbrauch anstrebt und Minergie® A für Gebäude, die ausschliesslich mit erneuerbaren Energien geheizt werden. Diese drei Standards können noch zusätzlich mit dem Eco-Label ergänzt werden, in dem eine stark reduzierte Umweltbelastung vorgeschrieben wird

Eine der Säulen des Minergie®-Standards ist die Sicherstellung einer hohen Isolierungsqualität der Gebäudehülle. Im Winter verliert jedes Gebäude Wärme – über seine Aussenmauern, sein Dach, seine Fenster und seinen Boden. Das Heizsystem muss diese Verluste ständig ausgleichen, um eine gleichbleibende und komfortable Temperatur im Gebäude zu erhalten. Der Energieverbrauch für die Heizung hängt also sehr stark von der Qualität der Isolierung ab. So verbraucht z. B. ein Minergie®-Gebäude durchschnittlich 70% weniger Heizenergie als ein schlecht isoliertes Gebäude aus den 1970er Jahren. Nun stammen aber 50% unseres Gebäudeparks genau aus den 1970er Jahren oder sind noch älter. Fast 30% unseres Endenergieverbrauchs (72 TWh) dienen heute zur Deckung unseres Heizbedarfs.

Neben Qualitätsverbesserungen bei der Isolierung besteht auch bei Heizsystemen und Brauchwassererwärmung [→ F27], sowie in den Bereichen Klimatisierung, Belüftung, technische Anlagen und Beleuchtung ein wichtiges Potenzial zur Verbesserung der Energieeffizienz [→ F42]. Zudem kann der Energiebedarf für die Anlagen zu einem grossen Teil durch erneuerbare Energieträger bereitgestellt werden.

Ausserdem könnten von den potenziell 36 TW h Endenergieeinsparung pro Jahr 12 TWh in Form von Strom eingespart werden (Heizung, Beleuchtung, Klimatisierung, Brauchwarmwassererzeugung usw.), wodurch die jährliche Unterproduktion von etwa 9 TWh nach der Stilllegung der drei Atomreaktoren Mühleberg sowie Beznau I & II – die als erste abgeschaltet werden – gut kompensiert werden könnte.

Die Sanierung unseres Gebäudeparks ist also ein zentrales Element der Energiestrategie, weil sie einen bedeutenden Beitrag zu den Zielen des Kernenergieausstiegs, der Senkung des CO2-Ausstosses und der Steigerung unserer Energieunabhängigkeit leisten kann. Trotzdem ist der Sanierungsgrad der Gebäude in der Schweiz heute sehr niedrig [→ F82]. Ausserdem wird ein Rebound-Effekt beobachtet, der bis zu 60% der realisierten Energieeinsparungen zunichte machen kann [→ F94]. Es braucht Begleitmassnahmen, die darauf abzielen, eine angemessene Nutzung der Gebäude zu garantieren.

Quellen

MINERGIE (2019)
(). Minergie - home. [Online]. Available at: www.minergie.ch/home_fr.html.
Office fédéral de l'énergie (OFEN) (2013)
(). Perspectives énergétiques 2050.
Richner, Peter (2009)
(). Moins de CO₂ en assainissant les vieux bâtiments.
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