Was wird die Schweiz mit ihren radioaktiven Abfällen machen und zu welchen Kosten?

Unsere radioaktiven Abfälle werden seit 2001 in Zwischenlagern in Würenlingen (Aargau) gelagert. Derzeit läuft eine Standortsuche für ein Endlager in einer in grosser Tiefe gelegenen geologischen Schicht.

Unsere radioaktiven Abfälle kommen im Wesentlichen aus den fünf laufenden Kernreaktoren in der Schweiz. Dazu kommen die Abfälle aus der Abwrackung dieser Kraftwerke nach deren Stilllegung. Wir müssen auch die radioaktiven Abfälle aus nicht-energetischer Nutzung – insbesondere aus der Medizin – lagern.

Die Gefährlichkeit der radioaktiven Abfälle wird durch zwei Grössen beschrieben: Die Radioaktivität und die Halbwertszeit. Es gibt keine Korrelation zwischen den beiden Grössen. Hochradioaktive Abfälle mit einer langen Halbwertszeit sind am gefährlichsten und am heikelsten zu handhaben, weil sie je nach Abfalltyp während tausender wenn nicht sogar zehntausender oder hunderttausender Jahre eine sehr hohe Radioaktivität aufweisen. Sie werden in kleinen Mengen im Reaktorkern von Kernkraftwerken erzeugt.

Die schwach- und mittelaktiven Abfälle oder jene, deren Halbwertszeit „nur“ mehrere Dutzend oder hunderte Jahre beträgt, brauchen nicht dieselben Sicherheitsvorkehrungen. Es bedarf also eines spezifischen Managements für jede einzelne Abfallkategorie. Auf weltweiter Ebene wurden bis dato in 436 Kernreaktoren mehr als 500‘000 Tonnen hochradioaktive Abfälle erzeugt. In der Schweiz müssen wir die Lagerung von Abfällen seit 1969 sicherstellen. Bis zur Schliessung unseres letzten Kernkraftwerks, werden wir insgesamt etwa 7‘000 m3 hochradioaktive Abfälle produziert haben, das entspricht einem Pro-Kopf-Volumen von etwa einem Liter. Dazu kommen 100‘000 m3 schwach- und mittelradioaktive Abfälle (entspricht 40 olympischen Schwimmbecken), von denen ein Drittel aus Medizin, Industrie und Forschung stammt.

Wie vom Kernenergiegesetz gefordert, werden unsere Abfälle derzeit gesammelt, in Fässern verschweisst und an der Oberfläche in einem Zwischenlager des Unternehmens Zwilag in Würenlingen im Kanton Aargau gelagert. Dort bleiben sie solange, bis sie definitiv in dichten geologischen Schichten gelagert werden – in mehr als 500 Metern Tiefe für die radioaktivsten Abfälle –, sobald ein passender Standort ausgewählt und akzeptiert wurde, was derzeit noch nicht der Fall ist.

Seit 1972 bemüht sich die Nationale Genossenschaft für die Lagerung radioaktiver Abfälle (NAGRA), Standorte zu identifizieren, die mit grösster Wahrscheinlichkeit langfristig geologisch stabil bleiben, um so die Risiken zu minimieren. Die NAGRA betreibt am Grimsel ein unterirdisches Labor zur Untersuchung des Verhaltens der geologischen Strukturen, die für die Lagerung radioaktiver Abfälle in Frage kommen. So konnte sie die technische Machbarkeit der Tiefenlagerung in der Schweiz aufzeigen, ein Resultat, das vom Bundesrat im Jahr 2006 bestätigt wurde. Es ist vorgesehen, dass das Endlager zwischen 2040 und 2050 in Betrieb genommen wird. Gemäss der NAGRA besitzt die Schweiz mindestens drei geeignete Standorte für eine solche Endlagerung.

Vorhersagen zum Verhalten (Stabilität, Dichtheit usw.) eines unterirdischen Lagers über Zeiträume von zehntausenden oder mehr Jahren gehören zu den derzeitigen wissenschaftlichen Herausforderungen. Es gibt keine perfekte Lösung für die Lagerung der Abfälle. Die geologische Tiefenlagerung der radioaktiven Abfälle wird von der Mehrheit der Wissenschaftler als die vernünftigste Lösung erachtet. Die Mehrheit der Industrieländer mit Kernkraftwerken streben Lösungen der unterirdischen Lagerung an, die jenen ähneln, die in der Schweiz entwickelt werden.

Einige Fachleute empfehlen trotzdem, die Abfälle lieber zugänglich zu halten, um sie eines Tages als Brennstoffe in neuen Reaktortypen der sogenannten 4. Generation zu verwenden [→ F19]. Im Idealfall könnte man damit zwei Fliegen mit einer Klappe schlagen: Einen bedeutenden Anteil der noch in diesen Abfällen enthaltenen Kernenergie nutzen und gleichzeitig ihren Radioaktivitätsgrad vor ihrer endgültigen Lagerung bedeutend reduzieren. Über diese Option herrscht in der wissenschaftlichen Gemeinschaft alles andere als Einigkeit.

Die Kosten für die Lagerung der radioaktiven Abfälle in der Schweiz – inklusive der Abwrackungskosten der Kraftwerke – werden derzeit auf 21 Milliarden Franken geschätzt. Sie werden von den Kraftwerksbetreibern aufgebracht, die ca. 1 Rappen pro kWh Atomstrom in einen gemeinsamen Fonds einzahlen. Alle fünf Jahre findet unter Federführung des Bundesamts für Energie eine neue Schätzung der Kosten statt und im Bedarfsfall können die Beiträge der Betreiber angepasst werden.

Quellen

Inspection fédérale de la sécurité nucléaire (IFSN) (2019)
(). Les résultats sont conformes aux attentes. [Online]. Available at: www.nagra.ch/fr/news/communiqueinternedetail/les-resultats-sont-conformes-aux-attentes.htm.
Inspection fédérale de la sécurité nucléaire (IFSN) (2019)
(). L’autorité de surveillance de la Confédération pour la sécurité et la süreté des installations nucléaires en Suisse. [Online]. Available at: www.ensi.ch/fr/.
Office fédéral de l'énergie (OFEN) (2018)
(). Le DETEC fixe les coûts pour la désaffection et la gestion des déchets. [Online]. Available at: www.admin.ch/gov/fr/accueil/documentation/communiques.msg-id-71338.html.
Strandberg & Andrén (2013)
& (). Nuclear waste management in a globalised world. Routledge.
Swissnuclear (2019)
(). Energie nucléaire, un service d’information de swissnuclear. [Online]. Available at: www.swissnuclear.ch/en/home.html.
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