Was ist das „Smart Grid“ und welche Rolle spielt es im zukünftigen Stromnetz?

Das Smart Grid – wortwörtlich „intelligentes Netz“ – steht für ein Paket, das im Wesentlichen aus IT-Technologien besteht und eine Optimierung des Stromnetzes ermöglicht: Es wird sicherer, effizienter, flexibler und wirtschaftlicher. Das Smart Grid wird insbesondere eine zentrale Rolle für die Aufnahme des steigenden Anteils von unregelmässig anfallendem Strom aus erneuerbaren Quellen (Wind und Sonne) spielen.

Bis dato funktioniert das Stromnetz wie folgt: Der in Grosskraftwerken (Kernenergie- und Wasserkraftanlagen) produzierte Strom wird ins Hochspannungsnetz eingespeist und dann in immer verzweigteren Mittel- und Niederspannungsnetzen zum Endverbraucher übertragen. Nicht so flexible Kraftwerke, wie z. B. Atomkraftwerke produzieren kontinuierlich eine gleichbleibende Strommenge (sogenannten „Bandstrom“). Die viel flexibleren Wasser-Speicherkraftwerke öffnen und schliessen ihre Einläufe je nach Nachfrage, damit die Menge des eingespeisten Stroms jederzeit dem Stromverbrauch entspricht. Wenn dieses heikle Gleichgewicht unterbrochen wird, dann kommt es zum „Netzabfall“ mit einer daraus resultierenden Stromunterbrechung, die sich rasch auf das gesamte Netz ausbreiten kann.

Im Rahmen der laufenden Energiewende ist ein Paradigmenwechsel im Gange. Diese Veränderung des Stromnetzes erfordert die Nutzung sogenannter Smart-Grid-Technologien. Die zunehmende Dezentralisierung der Produktion und die fluktuierende Einspeisung von grünem Strom aus Solar- und Windkraftanlagen in die Niederspannungsnetze wird das Gleichgewicht und den Verbrauch enorm verkomplizieren [→ F48]. Die Flexibilität der Wasser-Speicherkraftwerke wird nicht mehr genügen, um das Netz auszugleichen. Es ist daher notwendig, vier neue Elemente einzuführen:

  • Das Stromnetz muss Strom in beide Richtungen transportieren und insbesondere den von vielen Kleinerzeugern am Ende der Leitungen eingespeisten Strom in das Mittel- und Hochspannungsnetz „hochfahren“ können [→ F98].
  • Speicherkapazitäten für überschüssigen Strom auf lokaler (am Produktionsort), regionaler, und nationaler Ebene [→ F74].
  • Kapazität zu einer flexibleren Produktion durch eine Echtzeit-Anpassung der Stromerzeugung kleiner Anlagen (z. B. Wärmekraftkopplungs-Anlagen, Verbrennungsanlagen, Klein-Laufwasserkraftwerke usw.), die zu „virtuellen Kraftwerken“ zusammengefasst wurden. Diese könnten dynamisch vom Netzbetreiber ferngesteuert werden, anstatt wie bisher auf wenig flexible Weise durch die Betreiber der einzelnen Anlagen.
  • Flexiblere Gestaltung der Nachfrage: Ermöglichung der Echtzeitbeeinflussung des Verbrauchs gewisser Nutzer, um den Verbrauch so nahe als möglich an die Produktionsschwankungen anzugleichen. Das wird als Laststeuerung, Lastmanagement bzw. Demand Side Management (kurz: DSM) bezeichnet [→ F78].

Diese vielen neuen Funktionen machen das Stromnetzmanagement sehr komplex: Das Schweizer Netz umfasst 250‘000 km Leitungen, 4 Millionen angeschlossene Nutzer und bald hunderttausende dezentralisierte Produktionsanlagen (v. a. Photovoltaik). Für die Sammlung, Übertragung und das Management von Millionen Daten über den Netzzustand in Echtzeit sind fortgeschrittene Technologien unabdingbar. Diese Menge an Informationen wird mittels komplexer Algorithmen zentralisiert oder dezentralisiert bearbeitet, die die Managemententscheidungen optimieren und ein Gleichgewicht zwischen Produktion, Speicherung und Verbrauch des Stroms sicherstellen und gleichzeitig ein hohes Sicherheits- und Effizienzniveau des Netzes garantieren. Die Gesamtheit dieser Technologien werden mit dem Überbegriff „Smart Grid“ bezeichnet.

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