Warum variieren Stromerzeugung und Stromverbrauch im Jahresverlauf, und warum sind die zwei Kurven zeitlich verschoben?

Unsere Stromerzeugung und unser Stromverbrauch schwanken je nach Jahreszeit. Unsere einheimische Stromerzeugung erreicht im Sommer ihren Höchststand, wenn die Laufwasserkraftwerke von der Schneeschmelze profitieren. Die Verbrauchsspitze hingegen liegt im Winter, wo wir aber weniger produzieren. Diese saisonale Verschiebung wird sich in den nächsten Jahrzehnten mit dem Ausbau der Photovoltaik wahrscheinlich verschärfen, welche im Sommer mehr Strom produziert.

Unsere nationale Stromerzeugung (mehr als 66 TWh im Jahr 2013 ^[ohne die 2 TWh Strom, die in Pumpspeicherkraftwerken erzeugt werden [→ F15].]) wird zu 93% von unseren Wasserkraftwerken und unseren Kernkraftwerken (37 TWh bzw. 25 TWh) sichergestellt. Die restlichen 7% stammen aus Verbrennungsanlagen und kleinen Erdgaskraftwerken (3,9%), während sich die Stromerzeugung der neuen erneuerbaren Energien im Jahr 2013 auf nur 1,8 TWh (2,7%) belief. Diese stammt hauptsächlich aus neuen Kleinwasserkraftwerken (0,6 TWh, 0,9%), mit Holz oder Biogas betriebenen Kleinkraftwerken (0,6 TWh, 0,8%), der Photovoltaik (0,5 TWh, 0,8%) und der Windkraft (0,1 TWh, 0,1%).

Hinter den Jahreswerten verstecken sich bedeutende jahreszeitliche Schwankungen. Während des Sommerhalbjahres produziert die Schweiz etwa 12% mehr Strom als im Winterhalbjahr [→ siehe Abb. unten]. Dieses Phänomen resultiert v. a. aus der bedeutenden jahreszeitlichen Schwankung der Wasserführung unserer Gewässer. Im Sommer erreichen die Durchflüsse aufgrund der Schneeschmelze ihre Höchstwerte. Im Winter, wenn die Wasserführung gering ist, produzieren die Laufwasserkraftwerke fast 50% weniger Strom als im Sommer.

Beim Verbrauch ist die Situation umgekehrt [→ siehe Abb. unten]. Wir verbrauchen während der drei Wintermonate fast 30% mehr Strom als in den Sommermonaten, hauptsächlich wegen der Stromheizungen [→ F26]. Aufgrund dieses saisonalen Ungleichgewichts zwischen Angebot und Nachfrage produzieren wir im Mittel zwischen Mai und Oktober zu viel Strom und von November bis April zu wenig. Die Schweiz exportiert ihren sommerlichen Überschuss und deckt ihr winterliches Defizit derzeit durch Importe (je nach Jahr zwischen 2 und 5 TWh).

Mit der Zunahme der Anzahl der errichteten Photovoltaikanlagen wird unser sommerlicher Überschuss in den nächsten Jahrzehnten wahrscheinlich steigen [→ F49]. Dasselbe gilt für die mitteleuropäischen Länder, die die Photovoltaik ebenfalls ausbauen.

Windkraftwerke produzieren im Winter mehr Strom als im Sommer, da während der kalten Jahreszeit mehr Wind bläst. Ihr Potenzial in der Schweiz liegt aber relativ weit unter jenem der Laufwasserkraftwerke und der Photovoltaik. Die Windkraft genügt also nicht zur Kompensierung unseres winterlichen Defizits.

Eine der Lösungen für die Schliessung der saisonalen Lücke zwischen Angebot und Nachfrage liegt in der Speicherung des sommerlichen Überschusses bis zum folgenden Winter. Das ist das Konzept der „saisonalen Speicherung“, welches einen der Eckpunkte unseres zukünftigen Energiesystems darstellen wird [→ F75]. Die anderen Lösungen müssen entweder auf Gas zurückgreifen, um im Winter Strom zu erzeugen, oder sind von Importen abhängig [→ F87].

Quellen

Kemmler, Spillmann & Koziel (2018)
, & (). Ex-post-analyse des schweizerischen energieverbrauchs 2000-2017 nach bestimmungsfaktoren. Office fédéral de l'énergie (OFEN).
Kemmler, A and Koziel, S and Wüthrich, P and Notter, B and Keller, M and Jakob, M and Catenazzi, G (2017)
(). Analyse des schweizerischen Energieverbrauchs 2000-2016 nach Verwendungszwecken. Office fédéral de l'énergie (OFEN).
Office fédéral de l'énergie (OFEN) (2018)
(). Statistique suisse de l’électricité 2018. OFEN.
Veigl (2015)
(). Rapport annuel 2014 - Fondation Rétribution à prix coûtant du courant injecté RPC.
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