Warum ist es wichtig, einen Preis für die CO2-Emissionen festzulegen?

Kohlendioxid (CO2) – das wichtigste Treibhausgas, das von unserem derzeitigen Energiesystem ausgestossen wird – wird heute als Abfall ohne Wert betrachtet. Gemäss dem Verursacherprinzip ist die Einführung eines entsprechenden Preises für die Umweltbelastungen, das direkteste Mittel, damit die Umweltkosten von den Verursachern übernommen werden. Im vorliegenden Fall entspricht dies der Festsetzung eines Preises für die Emission von CO2.

Durch die Festlegung eines Preises für CO2 fossilen Ursprungs wird der Marktpreis für fossile Energien (Kohle, Erdgas, Benzin, Diesel) erhöht. Wenn der Preis für die CO2-Emissionen hoch genug ist, ist eine erneuerbare kWh (Photovoltaik, Windkraft usw.) vergleichsweise billiger als eine kWh fossilen Ursprungs, was Anreize zur Reduktion der CO2-Emissionen schafft. Daraus entsteht ein wichtiger Sekundäreffekt: Die Stimulierung der Innovation im Bereich saubere Technologien.

Alle Länder der Welt nutzen fossile Energieträger und stossen somit CO2 aus. Die Folgen (insbesondere der Klimawandel) sind ebenfalls globaler Natur. Es gibt aber keine „Weltregierung“, die auf globaler Ebene einen Preis für die CO2-Emissionen vorschreiben könnte. Ab 1990 haben alle Staaten der Erde Klimaverhandlungen in Angriff genommen, denen bis dato nur begrenzter Erfolg beschieden war. Mehrere Industriestaaten haben dennoch freiwillig Systeme für die Besteuerung von CO2-Emissionen eingeführt, darunter die Europäische Union und die Schweiz. Für die Festsetzung eines Preises für CO2-Emissionen gibt es im Wesentlichen zwei Optionen: ein Emissionshandelssystem und eine CO2-Abgabe. Die Schweiz

hat beide gleichzeitig umgesetzt. Auf fossile Brennstoffe wird eine CO2-Abgabe von 60 Franken pro Tonne CO2-Emissionen erhoben, was 16 Rappen/Liter Heizöl und 12 Rappen/Kubikmeter Erdgas entspricht. Die Einnahmen dieser Abgabe werden derzeit zu zwei Drittel an die Schweizer Bevölkerung und Firmen zurückverteilt, und zu einem Drittel in das Gebäudeprogramm investiert (es handelt sich also nicht um eine versteckte Steuer). Die Treibstoffe für den Verkehr sind bis dato von der CO2-Abgabe ausgenommen, weil insbesondere angenommen wird, dass sie sowohl unverhältnismässige Auswirkungen auf vom öffentlichen Verkehr schlecht erschlossene ländliche Regionen oder Berggebiete, als auch nur einen begrenzten Einfluss auf den Verbrauch dieser Produkte hätte. Diese Situation könnte sich mit der geplanten Einführung der Ökosteuer im Jahr 2021 ändern [→ F84].

Um eine Benachteiligung der Unternehmen zu vermeiden die internationaler Konkurrenz ausgesetzt sind, können sich die energieintensiven Grossunternehmen von der CO2-Abgabe befreien lassen, wenn sie sich dazu verpflichten, ihre Treibhausgasemissionen zu verringern. Die grössten unter ihnen nehmen am Emissionshandelssystem (EHS) teil. Das EHS funktioniert nach dem Prinzip des sogenannten Cap & Trade: Zuerst legen die Behörden aufgrund von Referenzkriterien der jeweiligen Aktivitätsbranche eine Obergrenze (Cap) für die Emissionen fest, die ein Unternehmen ausstossen darf. Die am EHS teilnehmenden Unternehmen erhalten eine entsprechende Anzahl an Emissionsberechtigungen, wobei die Obergrenze jedes Jahr herabgesetzt wird, um eine progressive Senkung der Emissionen zu erreichen. Gewisse Unternehmen werden ihre betriebliche Obergrenze überschreiten, während andere nicht all ihre Emissionsberechtigungen brauchen werden. Letztere können diese also mittels eines Versteigerungssystems – dem EHS – mit jenen Unternehmen tauschen, die sie brauchen. Die Schweiz verhandelt derzeit darüber, ihr EHS-System (an dem nur etwa 55 Unternehmen teilnehmen) an jenes der Europäischen Union („Emission Trading System“ oder ETS) anzudocken, das 12‘000 Unternehmen umfasst.

Der europäische ETS-Markt funktioniert derzeit nicht. Der Preis für eine Tonne CO2 hat sich bei etwa 5 Euro (d. h. zwölfmal niedriger als der Preis der Emissionen in der Schweiz) eingependelt, was viel zu niedrig ist, um einen Durchbruch der erneuerbaren Energien zu ermöglichen. Die CO2-Abgabe ist sogar so niedrig, dass die Kohlekraftwerke dabei auf ihre Kosten kommen und weiterhin Strom zu Preisen produzieren, die jeglicher Konkurrenz trotzen, was insbesondere die Wirtschaftlichkeit der Schweizer Wasserkraftwerke gefährdet (die kein fossiles CO2 ausstossen). Diese Situation erklärt sich hauptsächlich dadurch, dass die Europäische Kommission pro Aktivitätsbranche sehr grosszügige Obergrenzen festgelegt hat, sodass die Unternehmen das ETS praktisch nicht nutzen müssen. Auch die Wirtschaftskrise hat zur Senkung des Energieverbrauchs – und damit auch der CO2-Emissionen beigetragen.

Früher oder später aber muss der Preis der CO2-Emissionen fossilen Ursprungs deutlich ansteigen, wenn die Europäische Union ihre ehrgeizigen Ziele zur Reduktion der Treibhausgase erreichen will [→ F89]. Für die Schweiz ist dieser Anstieg des CO2-Preises auf dem europäischen ETS -Markt eine praktisch unabdingbare Voraussetzung für die Umsetzung der Energiewende.

Quellen

EconomieSuisse, Fédération des entreprises suisses (2012)
(). Efficacité énergétique: une étude montre la contribution réaliste que peut apporter l’économie.
European Commission (2019)
(). EU emissions trading system (EU ETS). [Online]. Available at: https://ec.europa.eu/clima/policies/ets_en.
Office fédéral de l'énergie (OFEN) (2013)
(). Message sur la Stratégie énergétique 2050: aperçu des objectifs et des mesures (Feulle d’information).
Office fédéral de l’environnement (OFEV) (2019)
(). Taxe sur le CO2. [Online]. Available at: www.bafu.admin.ch/bafu/fr/home/themes/climat/info-specialistes/politique-climatique/taxe-sur-le-co2.html.
RTS (2019)
(). Le prix du carbone explose sur le marché d’échange européen. [Online]. Available at: www.rts.ch/infomonde/10638326-le-prix-du-carbone-explose-sur-le-marche-d-echange-europeen.html.
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