Stösst die Schweiz aufgrund ihres sehr „sauberen“ Stroms vergleichsweise wenig CO2 aus?

Obwohl der in der Schweiz erzeugte Strom im internationalen Vergleich eine sehr geringe CO2-Intensität aufweist, ist sie keine wirkliche Musterschülerin in Bezug auf die CO2-Emissionen. Sie muss also ihre Treibhausgasemissionen weiter senken, insbesondere im Verkehrs- und Gebäudesektor.

Dank der Wasser- und Kernkraftwerke – die nur wenig CO2 ausstossen – ist der Schweizer Strom mit nur 33 Gramm CO2 pro produzierter Kilowattstunde einer der saubersten der Welt. Dieser Wert wird als „CO2- Intensität“ bezeichnet und entspricht der Menge an CO2, die pro Stromeinheit durch die Verbrennung fossiler Energieträger entsteht (gCO2/kWh). Länder, die ihren Strom hauptsächlich mit Kohlekraftwerken produzieren, weisen eine viel höhere CO2-Intensität auf: 800 bis 1000 gCO2/kWh in einigen Ländern Osteuropas, Australien, China und Indien. Der europäische Strommix weist eine durchschnittliche CO2-Intensität von 524 gCO2/kWh auf.

Es ist aber Vorsicht geboten: Man muss zwischen dem in der Schweiz produzierten und dem in der Schweiz verbrauchten Strom unterscheiden. Der in der Schweiz produzierte Strom weist eine CO2-Intensität von 33 gCO2/kWh auf. Der von uns verbrauchte Strom weist aufgrund der Kohle- und Gaskraftwerke, die den aus Deutschland importierten Strom produzieren, eine höhere durchschnittliche CO2-Intensität (129 gCO2/kWh) auf.

Strom macht nur ein Viertel unseres Energieverbrauchs aus. Die restlichen drei Viertel sind auf Brenn- und Treibstoffe zurückzuführen, die fast ausschliesslich fossilen Ursprungs sind (Heizöl, Erdgas, Benzin, Diesel, Kerosin) und für Heizzwecke, industrielle Anwendungen und die Mobilität verbrannt werden. Im internationalen Vergleich verbraucht die Schweiz viele fossile Produkte pro Kopf. Das liegt unter anderem an der Fahrzeugflotte, die einen hohen Treibstoffverbrauch aufweist [→ F34].

Die Schweizer Bürgerinnen und Bürger stossen jährlich je 5,6 Tonnen CO2 aus, was im Übrigen ungefähr dem weltweiten Durchschnitt entspricht. Den höchsten CO2-Ausstoss haben die Länder der arabischen Halbinsel (20 bis 40 Tonnen pro Kopf und Jahr), knapp gefolgt von Australien und den Vereinigten Staaten (17 Tonnen) [→ siehe Abb. unten]. Ausserdem beinhalten diese nationalen Schätzungen nur die CO2-Emissionen in den Ländern selbst, während die Emissionen, die den importierten Produkten zuzurechnen sind, nicht berücksichtigt werden. Reiche Länder wie die Schweiz importieren aber viele Konsumgüter, die in ihren Produktionsländern Emissionen verursachen [→ F9].

Trotz ihres sehr sauberen Stroms zählt die Schweiz also auf internationaler Ebene nicht zu den Musterschülern. Da CO2-Emissionen nicht an den Landesgrenzen halt machen und sich die Klimaerwärmung grossteils auf globaler Ebene auswirkt, muss sich die Schweiz an den globalen Anstrengungen zur Reduzierung der Treibhausgasemissionen beteiligen [→ F5].

Quellen

Banque Mondiale (2019)
(). Emissions de CO₂ (kt). [ONLINE]. Available at: https://donnees.banquemondiale.org/indicateur/EN.ATM.CO2E.KT.
Delbosc, Keppler & Leseur (2007)
, & (). Croître sans réchauffer? L’intensité carbone des économies développées.
Jolliet, Saadé & Crettaz (2010)
, & (). Analyse du cycle de vie: comprendre et réaliser un écobilan. PPUR Presses polytechniques et universitaires romandes.
Office fédéral de l'énergie (OFEN) (2019)
(). Statistique globale de l’énergie 2018. OFEN.
Office fédéral de l'environnement (OFEV) (2017)
(). Indicateurs de l’évolution des émissions de gaz à effet de serre en Suisse 1990-2015.
Swiss Centre for Life Cycle inventories (2019)
(). Ecoinvent. [Online]. Available at: www.ecoinvent.org. Retrieved from www.ecoinvent.org/database7
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