„Null-Energie“-Gebäude: eine plausible Perspektive im grossen Massstab?

In der Tat! Man kann das Gebäude der Zukunft als eine Art Kraftwerk betrachten, das mehr Energie produziert als es verbraucht. Die technischen Lösungen für Nullenergiegebäude sind bereits auf dem Markt verfügbar. Ihre Verbreitung hängt also nicht von hypothetischen technischen Entwicklungen sondern allein vom politischen Willen und von wirtschaftlichen Fragen ab.

Der Begriff „Nullenergie“ wird für Gebäude mit hohem Wohnkomfort verwendet, die an Ort und Stelle, mittels erneuerbarer Energien, die in der Jahresbilanz mehr Energie produzieren, als sie Primärenergie verbrauchen (man spricht auch von „Plusenergiehäusern“). Das heisst nicht unbedingt, dass sie völlig autark sind (siehe unten).

Der Ausdruck „autarke Gebäude“ bezieht sich auf Gebäude, die über das ganze Jahr hinweg vor Ort mehr Primärenergie produzieren, als sie verbrauchen. Bereits heute zählt die Schweiz rund 40'000 Gebäude mit sehr schwachem Verbrauch, die den Minergie®-Standards entsprechen, darunter 550 Minergie®-A-Gebäude, die ausschließlich mit erneuerbaren Energiequellen beheizt werden. Die Bauvorschriften entwickeln sich sehr rasch und es wird erwartet, dass 2020 die Mehrheit der Neubauten eine positive Gesamtenergiebilanz aufweist.

Im Jahr 2007 hat Kalifornien als erster Staat ein „Nullenergie“-Ziel (Zero Net Energy Buildings) für alle neuen Wohngebäude ab 2020 formuliert – ab 2030 für Geschäftsgebäude. Die etwas weniger ehrgeizige Europäische Union hat das Konzept der „Fast- Null-Energie-Häuser“ bis zum Jahr 2020 entwickelt.

Auch in der Schweiz, die gemeinsam mit Deutschland Pionierin für sehr energieeffiziente Gebäude ist, beginnt man auf Betreiben der Kantone (in deren Kompetenz die Energieeffizienz der Gebäude liegt) von einem „Nullenergie“-Standard für Neubauten ab 2020 zu reden. Aus Kostensicht schätzt man, dass ein Nullenergiehaus heute etwa 10-15% teurer kommt als der Bau eines Gebäudes mit einem üblichen Energiestandard. Diese zusätzlichen Kosten sollten durch die kommerzielle Ausgereiftheit der verwendeten Materialien und Technologien sinken und nach 25-30 Jahren amortisiert sein.

Die Kantone gehen sogar noch weiter und sprechen von „energieautarken“ bzw. „energieunabhängigen“ Gebäuden. Im Gegensatz zu einem Nullenergiehaus, bei dem angestrebt wird, die Energiebilanz über das Jahr gesehen auszugleichen, indem ein Energiedefizit im Winter durch eine Überschussproduktion im Sommer gedeckt wird, müsste ein autarkes Gebäude während des ganzen Jahres seine gesamte (ausschliesslich erneuerbare) Energie produzieren. Diese enorme Herausforderung erfordert die Entwicklung einer saisonalen Speicherung, welche im Sommer angesammelte Wärme und Strom speichert (z. B. in einem grossen unterirdischen Wassertank und Batterien), um sie dann in der kalten Jahreszeit zu nutzen, sowie die überschüssige Kälte im Winter zu speichern, um einen Beitrag zur Klimatisierung des Gebäudes im Sommer zu leisten [→ F77]

Diese auf technischer Ebene problemlos realisierbaren Gebäude werden aufgrund der (noch) unerschwinglichen Kosten der saisonalen Speicherung wahrscheinlich die Ausnahme bleiben. Dennoch gibt es in der Schweiz und in der Europäischen Union bereits mehrere Gebäude, die in Bezug auf ihre Heizung autark sind.

Eine künftige Lösung könnte darin bestehen, mit der überschüssigen Solarenergie im Sommer Wasserstoff zu produzieren. Dieser Brennstoff könnte einfach bis zum nächsten Winter gespeichert werden, um eine Brennstoffzelle zu versorgen, die Wärme und Strom liefern könnte [→ F28].

Quellen

California Energy Commission. Integrated Energy Policy Report Committee (2013)
(). Integrated energy policy report - update. California Energy Commission.
MINERGIE (2019)
(). Minergie - home. [Online]. Available at: www.minergie.ch/home_fr.html.
Roulet (2012)
(). Éco-confort: pour une maison saine et à basse consommation d’énergie. PPUR Presses polytechniques et universitaires romandes.
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