Können sanfte Mobilität und Telearbeit zur Senkung der Energienachfrage beitragen?

Die sanfte Mobilität und die Telearbeit bieten ein interessantes Energiesparpotenzial. Es liegt in der Grössenordnung von 1 bis 2 TWh pro Jahr, d. h. zwischen 2 bis 4% unseres Verbrauchs für den Personenverkehr. Es handelt sich im Wesentlichen um Einsparungen fossiler Treibstoffe (Benzin, Diesel).

Der Begriff „sanfte Mobilität“ bezeichnet nichtmotorisiert oder wenig motorisiert zurückgelegte Wege: Strecken zu Fuss, mit traditionellem oder mit Elektro- Velo, mit dem Trottinett usw. Im Jahresdurchschnitt legt jeder Bürger bzw. jede Bürgerin pro Tag 37 km zurück. Von diesen 37 km werden fast 3 km pro Tag und Person mit einem sanften Verkehrsmittel zurückgelegt. Diese Zahl hat sich auf nationaler Ebene seit dem Jahr 2000 fast nicht verändert, aber einige kantonale Studien unterstreichen eine starke Zunahme der sanften Mobilität, v. a. in städtischer Umgebung. Beispielsweise in der Stadt Genf werden mittlerweile 52% der gesamten Wege mit sanften Verkehrsmitteln zurückgelegt.

Die sanfte Mobilität ermöglicht bereits heute die Einsparung von ca. 5 TWh Energie pro Jahr, bietet aber noch ein viel grösseres ungenutztes Potenzial. Etwa die Hälfte der heute in der Schweiz motorisiert zurückgelegten Wege betreffen Distanzen unter 5 km. Diese kurzen Wege könnten weitgehend mit sanften Verkehrsmitteln zurückgelegt werden, sodass ein Reduktionsziel von 6 bis 15% der mit dem Auto zurückgelegten Wege realistisch scheint. Dieses Reduktionspotenzial berücksichtigt begrenzende Faktoren, wie wetterbedingte Einschränkungen, topografische Hindernisse, die Anwesenheit anderer Personen (Kinder usw.) oder das Vorhandensein von Gepäck. Es entspricht einer Reduzierung von 1 bis 3% unseres Gesamttreibstoffverbrauchs, d. h. einer Einsparung von 0,5 bis 1,5 TWh pro Jahr.

Bei der Telearbeit arbeitet man (in der Regel einen Tag pro Woche) zuhause, anstatt sich an den gewohnten Arbeitsort zu begeben. Die Telearbeit ist eine alte Idee, die heute dank der IT-Technologien (Anschluss fast aller Haushalte ans Hochgeschwindigkeits-Internet, Zugang zu IT-Geräten und der notwendigen Software usw.) grossflächig umsetzbar ist. Die Telearbeit betrifft v. a. Angestellte in Büros. Gemäss einer Schätzung von EconomieSuisse könnten ca. 450‘000 Angestellte in der Schweiz Telearbeit in Anspruch nehmen und wären auch bereit, es zu tun. In dieser Zahl ist der Sektor der öffentlichen Verwaltung nicht berücksichtigt, der ebenfalls ein sehr wichtiges Potenzial bietet.

Gemäss Erfahrungen aus Ländern, die seit Langem Telearbeit umsetzen (insbesondere die USA ), trägt sie zu einer Erhöhung der Arbeitsproduktivität bei. Sie führt auch zu Energieeinsparungen, insbesondere weil die Anzahl an Autofahrten dadurch reduziert wird und durch die verringerte Durchschnittsgrösse der Büros, weil Arbeitsplätze geteilt werden können. Bis heute gibt es keine Studie mit einer genauen Einschätzung des Energiegewinns, der durch Telearbeit in der Schweiz erzielt werden könnte. Eine grobe Schätzung hofft auf eine Treibstoffeinsparung in der Höhe von 0,25 TWh pro Jahr, d. h. höchstens 0,5% des Jahresverbrauchs unserer PW-Flotte (52 TWh). Das ist wenig, erklärt sich aber dadurch, dass die Wege zwischen Wohnung und Arbeitsort nur 24% unserer zurückgelegten Wege insgesamt ausmachen, der Rest ist im Wesentlichen Freizeit- und Einkaufsverkehr. Nur 10% der Erwerbstätigen könnten grundsätzlich einen Tag pro Woche Telearbeit in Anspruch nehmen. Obwohl dieses Potenzial begrenzt ist, ist es doch grösstenteils ungenutzt, weil die Telearbeit heutzutage immer noch eine Ausnahme und nicht die Regel ist.

Zudem bietet die Telearbeit einen bedeutenden Nutzen, weil sie es ermöglicht, einen Teil der Verkehrsnachfrage zu den Stosszeiten zu reduzieren. Eine Ausweitung der Telearbeit würde es vielleicht ermöglichen, auf einen Ausbau der allgemeinen Verkehrsinfrastruktur zu verzichten, weil diese auf Spitzenlasten ausgelegt ist.

Quellen

Brouet, Anne-Muriel (Laboratoire de sociologie urbaine - LASUR) (2014)
(). Genevois et Vaudois se déplacent toujours autant… mais plus longtemps. [Online]. Available at: https://actu.epfl.ch/news/genevois-et-vaudois-se-deplacent-toujours-autant-4/.
EconomieSuisse, Fédération des entreprises suisses (2012)
(). Télétravail : davantage d’efficacité grâce à des formes de travail modernes. [Online]. Available at: www.economiesuisse.ch/fr/publications/teletravail-davantage-defficacite-grace-des-formes-de-travail-modernes.
Kemmler, A and Koziel, S and Wüthrich, P and Notter, B and Keller, M and Jakob, M and Catenazzi, G (2017)
(). Analyse des schweizerischen Energieverbrauchs 2000-2016 nach Verwendungszwecken. Office fédéral de l'énergie (OFEN).
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