Kann die Laufzeit der bestehenden Kernkraftwerke verlängert werden?

Im Entscheid zum Kernenergieausstieg wurde kein Datum für die Abschaltung unserer Kernkraftwerke festgelegt. Sie können also so lange weiterbetrieben werden, wie ihre Sicherheit gewährleistet ist. Mit Ausnahme von Mühleberg, dessen Abschaltung für 2019 geplant ist, könnten die vier anderen Reaktoren bis zu einer Laufzeit von 60 Jahren weiterbetrieben werden.

Die Schweiz besitzt fünf Kernreaktoren, die auf vier Kraftwerksstandorte verteilt sind: Beznau I (Inbetriebnahme: 1969) und Beznau II (1971), Mühleberg (1972), Gösgen (1979) und Leibstadt (1984). Beznau I ist derzeit (im Jahr 2015) das weltweit älteste sich in Betrieb befindliche zivile Kernkraftwerk.

Im Einklang mit der Schweizer Gesetzgebung über die Kernenergie kann ein Kernkraftwerk so lange in Betrieb bleiben, wie es die rechtlichen Sicherheitsanforderungen erfüllt. Das Gesetz sieht keine im Voraus festgelegte Laufzeitbeschränkung vor. Der Entscheid zum Atomausstieg fixiert also kein genaues Datum der definitiven Stilllegung unserer Kraftwerke, sondern präzisiert nur, dass kein neues Kraftwerk gebaut werden kann.

Aus rein technischer Sicht hängt die Lebensdauer der Kraftwerke v. a. von der Alterung des Reaktordruckbehälters ab, der nicht ersetzt werden kann. Die anderen Bestandteile werden so lange ersetzt, wie die Investitionskosten in die Sicherheit akzeptabel bleiben. Wenn das nicht mehr der Fall ist, entscheidet der Betreiber, das Kraftwerk endgültig stillzulegen. Das ist für das Kraftwerk Mühleberg der Fall, dessen Betreiber entschieden hat, es im Jahr 2019 stillzulegen, d. h. nach 47 Jahren Laufzeit. Bis dahin belaufen sich die im Berner Kraftwerk für die Einhaltung der gesetzlichen Sicherheitsanforderungen notwendigen Investitionen noch auf etwa 200 Millionen Franken. Es sei bemerkt, dass es mit zunehmendem Alter der Kraftwerke schwierig wird, auf dem Markt gewisse Ersatzteile zu finden, die für ihre Wartung notwendig sind. Zudem ist ein Mangel an Fachleuten zu befürchten, weil nur wenige junge Menschen eine Ausbildung in einer Branche absolvieren werden, die zum Auslaufmodell wird.

Unsere Kernkraftwerke werden vom Eidgenössischen Nuklearsicherheitsinspektorat (ENSI) überwacht, einem unabhängigen Kontrollorgan, das regelmässige Inspektionen der Kraftwerke durchführt und das Recht zu deren Weiterbetrieb vergibt. Nach ihrer Inspektion im Jahr 2014 kam das ENSI zur Einschätzung, dass alle unsere Kraftwerke – mit Ausnahme von Mühleberg – derzeit aus technischer Sicht die Voraussetzungen für eine Laufzeit von 60 Jahren erfüllen. Diese provisorische Laufzeit ergäbe folgende Stilllegungszeitpunkte unserer Kraftwerke: Beznau I (2029), Benzau II (2031), Gösgen (2039) und Leibstadt (2044).

Wenn die Betreiber dieser Kraftwerke also keine „verfrühte“ Stilllegung wollen und wenn das ENSI sie nicht dazu auffordert, dann kann nur eine erneute politische Entscheidung zur Stilllegung führen. Es ist wahrscheinlich, dass im kommenden Jahrzehnt eine Volksabstimmung zur Frage der Laufzeit unserer Kernkraftwerke stattfinden wird.

Quellen

Inspection fédérale de la sécurité nucléaire (IFSN) (2019)
(). L’autorité de surveillance de la Confédération pour la sécurité et la süreté des installations nucléaires en Suisse. [Online]. Available at: www.ensi.ch/fr/.
letemps.ch (2019)
(). Beznau I, la plus vieille centrale nucléaire du monde, devra tourner jusqu’à 2030. [Online]. Available at: www.letemps.ch/suisse/beznau-i-plus-vieille-centrale-nucleaire-monde-devra-tourner-jusqua-2030. Le Temps. Retrieved from www.lematin.ch/suisse/arret-muehleberg-bonne/story/25440857
Swissnuclear (2019)
(). Energie nucléaire, un service d’information de swissnuclear. [Online]. Available at: www.swissnuclear.ch/en/home.html.
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