Kann die Kleinwasserkraft einen bedeutenden Beitrag zur Energiewende leisten?

Das Potenzial einer zusätzlichen Entwicklung der Kleinwasserkraft in der Schweiz liegt bei 1,5 TWh pro Jahr, d. h. etwa 3% unseres derzeitigen jährlichen Stromverbrauchs.

In der Schweiz wird der Begriff kleine Wasserkraftwerke (oder „Kleinwasserkraft“) für Wasserkraftanlagen mit einer Leistung von weniger als 10 MW verwendet. Diese Kraftwerke nutzen meist die Energie von fallendem Wasser, mit Fallhöhen von 1 m bis zu mehr als 1‘000 m.

Angesichts der jahreszeitlich schwankenden Wasserführung der Gewässer variiert die Produktion der kleinen Wasserkraftanlagen im Jahresverlauf – genauso wie jene der grossen Laufwasserkraftwerke. Die Produktionsspitze der Anlagen in den Alpen wird (aufgrund der Schneeschmelze) zwischen dem Frühling und dem Sommer erreicht, die Anlagen in der Ebene oder dem Jurabogen erreichen ihre höchsten Werte eher zwischen dem Herbst und dem Frühjahr. Letztere sind von besonderem Interesse für die Schweiz, die im Winter eine Unterproduktion von einheimischem Strom aufweist [→ F11].

Kleinwasserkraft kommt auch noch in einer anderen Form vor: die sogenannten Nebennutzungsanlagen bzw. Mehrzweckanlagen. Mit diesem Begriff werden Anlagen bezeichnet, die auf bestehende Wasserleitungen „aufgepfropft“ werden, insbesondere auf Trinkwasser- oder Abwassernetze, Bewässerungssysteme, Tunneldrainagenetze, usw. Diese Minikraftwerke sind besonders interessant, weil sie aufgrund der Nutzung bestehender Infrastrukturen minimale Investitionen und keine zusätzliche negative Umweltbelastung verursachen sowie erneuerbaren Strom im Jahresverlauf in relativ gleichbleibenden Mengen produzieren.

Obwohl sie seit Jahrzehnten genutzt wird, wird die Kleinwasserkraft als „neue erneuerbare Energie“eingestuft [→ F46] und geniesst in diesem Rahmen die Unterstützung der Kostendeckenden Einspeisevergütung (KEV) des Bundes [→ F79]. Im Jahr 2004, d. h. vor der Einführung der KEV, gab es in der Schweiz bereits mehr als tausend Kleinwasserkraftwerke, deren kumulierte Produktion an die 3,4 TWh betrug, d. h. 10% des damaligen Stroms aus Wasserkraft. Die Umsetzung der KEV im Jahr 2006 ermöglichte eine beschleunigte Entwicklung der Kleinwasserkraft, denn so konnten zwischen 2006 und Juni 2014 mehr als 800 neue Kleinwasserkraftanlagen einen positiven Bescheid erhalten. Mehr als 400 weitere Projekte sind derzeit auf der Warteliste. Im Jahr 2013 erzeugten die 326 betriebenen Kleinwasserkraftwerke, die von der KEV profitieren, zusammen mehr als 0,6 TWh Strom, d. h. mehr als 45% der Produktion der subventionierten neuen erneuerbaren Energien (Windkraft, Photovoltaik, Biomasse, Geothermie).

Man schätzt, dass die Gesamtproduktionskapazität der Kleinwasserkraft bis 2035 noch um 1,5 TWh steigen könnte. Dieser Zuwachs würde insbesondere aus der Modernisierung bestehender Anlagen, der Sanierung stillgelegter Standorte und dem Bau neuer Anlagen resultieren. Insgesamt könnten die Kleinwasserkraftwerke also jährlich 5 TWh Strom liefern. Wie sehr dieses Potenzial dann tatsächlich genutzt wird, hängt von der Unterstützung des Bundes für die Kleinwasserkraft ab, welche nur mit den KEV-Beiträgen ausgebaut werden kann [→ F58].

Quellen

Association des entreprises électriques suisses (VSE/AES) (2014)
(). Grande hydraulique - Document connaissances de base.
Association des Usiners Romands (ISKB/ADUR) (2014)
(). 10 bonnes raisons d’opter pour les petites centrales hydrauliques - Quelques faits concernant les centrales hydrauliques de 300 kW.
Groupe de travail interdépartemental "Fracturation hydraulique en Suisse" (2017)
(). Fracturation hydraulique en Suisse - Rapport de base du groupe de travail interdépartemental concernant le postulat Trede 13.3108 du 19 mars 2013. Office fédéral de l'environnement (OFEV).
L'assemblée fédérale de la Confédération suisse (2011)
(). Loi fédérale sur la réduction des émissions de CO₂ (loi sur le CO₂).
L'assemblée fédérale de la Confédération suisse (2011)
(). Loi fédérale sur l’utilisation des forces hydrauliques (LFH).
Münch-Alligné, Cécile and Avellan, Francois (2013)
(). Exploitation du potential de la petite hydraulique - Situation actuelle et exemple de développement. Bulletin SEV/AES, 2. 41–45.
Office fédéral de l'énergie (OFEN) (2019)
(). Potentiel hydroélectrique de la Suisse - évaluation du potentiel de développement de la force hydraulique dans le cadre de la Stratégie énergétique 2050.
Office fédéral de l'énergie (OFEN) (2012)
(). Potentiel hydroélectrique de la Suisse - évaluation du potentiel de développement de la force hydraulique dans le cadre de la Stratégie énergétique 2050.
Office fédéral de l'énergie (OFEN) (2017)
(). Rétribution de l’injection (RPC) pour petites installations hydrauliques et installations éoliennes, géothermiques et de biomasse - Fiche d’information à l’intention des responsables de projets.
Schleiss (2007)
(). l’hydraulique suisse: Un grand potentiel de croissance par l’augmentation de la puissance. Bulletin SEV/AES, 2. 24–29.
Société suisse d'hydrologie et de limnologie (SSHL) et Commission d'hydrologie (CHy) (2011)
(). Les effets du changement climatique sur l’utilisation de la force hydraulique - Rapport de synthèse. Matériaux pour l'Hydrologie de la Suisse, 38. 28.
SuisseEnergie (2014)
(). Newsletter - petites centrales hydrauliques.
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