Kann der Rebound- Effekt die Anstrengungen bezüglich Energieeffizienz zunichte machen?

Die Schweiz möchte ihren Energieverbrauch mithilfe von Energieeffizienzmassnahmen bis 2050 um fast 45% senken. Ein paradoxes Phänomen namens „Rebound- Effekt“ könnte einen wesentlichen Teil dieser Anstrengungen zunichte machen – es sei denn, es werden angemessene flankierende Massnahmen umgesetzt.

Führen Energieeffizienzmassnahmen in jedem Fall zum gewünschten Ziel: der Energieeinsparung? Manchmal können Energieeffizienzmassnahmen praktisch wirkungslos sein und nicht den gewünschten Effekt erzielen. Diesen Zustand nennt man „Rebound-Effekt“ (oder Bumerang-Effekt), eine erhöhte Nachfrage infolge einer Effizienzverbesserung. Die Energieeffizienzmassnahmen ermöglichen also zwar immer noch eine Reduzierung des Verbrauchs, zeigen aber im Fall des Rebound-Effektes nur eine begrenzte Wirkung.

Die verschiedenen Formen des Rebound-Effektes resultieren aus zahlreichen sozioökonomischen, geografischen, verhaltensgebundenen und psychologischen Parametern. Diese Komplexität erklärt, warum es schwierig ist, den Rebound-Effekt von anderen Effekten zu unterscheiden, und macht eine genaue Messung seiner Auswirkungen schwierig.

Man unterscheidet zwischen direkten und indirekten Rebound-Effekten.

Beim direkten Rebound-Effekt tritt der von einer Energieeffizienzmassnahme ausgelöste Verbrauchsanstieg im selben Aktivitätssektor auf. So führte z. B. eine Effizienzsteigerung bei den Fahrzeugmotoren dazu, dass das Fahrzeuggewicht und der Hubraum der Autos angestiegen sind.

Dasselbe gilt für die Beleuchtung: Man hat die alten Glühbirnen durch LED-Lampen ersetzt, die zehnmal weniger Energie verbrauchen und eine zwanzig Mal längere Lebensdauer haben. Das hat dazu geführt, dass die Verwendung von LED-Lampen für stimmungsvolle und dekorative Beleuchtungen deutlich zugenommen hat, was mit alten Glühbirnen trotz ihres billigeren Kaufpreises zu teuer gewesen wäre.

Oder im Gebäudebereich: In der Schweiz hat man z. B. nach Sanierungen einen Anstieg der mittleren Raumtemperatur festgestellt. Das Gebäude wird viel effizienter (und damit billiger) beheizt, aber die Bewohner bevorzugen tendenziell eine höhere Raumtemperatur, was bis zu 60% der durch die verbesserte Isolierung erreichten Energiegewinne zunichte macht

Auch die Informatik liefert ein frappierendes Beispiel. Die Leistungsfähigkeit der heutigen hips und Speicher ist eine Million Mal höher als in den 1980er Jahren. So verbraucht z. B. ein USB-Stick für die Datenspeicherung gleich viel Energie wie eine Diskette der 1990er Jahre, bietet aber eine Million mal mehr Speicherkapazität. Diese gigantischen Effizienzgewinne führten aber nicht zu entsprechenden Energieeinsparungen. Im Gegenteil, sie zogen eine spektakuläre Zunahme der Anzahl elektronischer Geräte jeder Art nach sich, deren Leistung sich ständig verbessert. Ein einzelnes dieser Geräte hat einen sehr geringen Verbrauch, aber ihre Anzahl und Vielfalt hat derart zugenommen, dass sie schlussendlich zu einer starken Zunahme des Stromverbrauchs durch den IT- und Elektroniksektor geführt haben.

Beim indirekten Rebound-Effekt werden die in einem Bereich aufgrund einer Effizienzverbesserung erzielten Einsparungen in einen anderen Bereich investiert. Wenn man z. B. in Städten vom Auto aufs Velo umsteigt, verbessert man die Energieeffizienz seiner Mobilität und spart Geld (Verringerung des Energiebedarfs) und Zeit (die vorher im Verkehr verloren ging). Diese Einsparungen an Zeit und Geld werden nun tendenziell in andere Aktivitäten oder Produkte investiert (Freizeit, Reisen, Einkäufe usw.), die dann ihrerseits Energie verbrauchen. Auch wenn der Rebound- Effekt im Allgemeinen nicht wünschenswert ist, so kann diese Umschichtung der Ressourcen auch positive Auswirkungen haben, insbesondere auf das Wirtschaftswachstum.

Zur Minimierung der Gefahr eines Rebound-Effekts sollten bei der Einführung von Energieeffizienztechnologien angemessene Begleitmassnahmen umgesetzt werden, wie Subventionen, Steuern und Lenkungsinstrumente. Aufgrund der potenziell indirekten Natur des Rebound-Effektes müssen die Massnahmen, die ihn verhindern sollen, das Gesamtverhalten der Verbraucher berücksichtigen.

Mit Lenkungsmassnahmen, wie z. B. mit Wettbewerben für die besten Energieeinsparungen, Informationen über die theoretisch nach einer Sanierung zu erwartenden Einsparungen, den Vergleich mit anderen Haushalten derselben Grösse, das „industrielle Benchmarking“, die Verbreitung von vorbildlichen Massnahmen (Best Practice) im Energiesparbereich usw. wurden in einigen Ländern – insbesondere in Frankreich und Grossbritannien – gute Resultate erzielt. Die Ökosteuer, deren Einführung in der Schweiz nach 2020 geplant ist [→ F84], verfolgt dasselbe Ziel – mit einem Zugang, der „eher Peitsche als Zuckerbrot“ ist. Beide Ansätze – Anreize und Strafen – zielen auf neue Verhaltensweisen ab, um so eine vernünftige Nutzung der Energieressourcen zu erreichen.

Quellen

Sorrell, Steve and Dimitropoulos, John and Sommerville, Matt (2009)
(). Empirical estimates of the direct rebound effect: A review. Energy policy, 37(4). 1356–1371.
Topten (2019)
(). Topten. [Online]. Available at: www.topten.ch/.
Winkler, Almer, Gonseth, Laurent-Lucchetti, Thalmann & Vielle (2014)
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