Ist das Elektroauto eine zweckmässige Option?

Das Elektroauto ^[Unter „Elektroauto“ verstehen wir hier zu 100% strombetriebene Autos, sowie Elektroautos mit einem „Range Extender“ – einem kleinen Verbrennungsmotor, der nur dazu dient, die Batterie aufzuladen. Die Hybridautos fallen nicht in die Kategorie Elektroauto.] wird Teil der Energiewende sein, weil es mehrere einzigartige Vorteile und wenige gravierende Nachteile hat. Diese Technologie ist heute in starkem Anstieg begriffen, mit weltweit mehr als 350‘000 Elektroautos und etwas mehr als 3‘500 solcher Fahrzeuge in der Schweiz zum Jahresende 2014. Auf dem Schweizer Markt sind derzeit etwa 30 Elektroauto-Modelle verfügbar.

Das Elektroauto ermöglicht dank seines Gesamtwirkungsgrads von fast 40% (Stromerzeugung eingeschlossen) im Gegensatz zu durchschnittlich etwa 20% für Benzinmotoren eine deutliche Reduktion des Endenergieverbrauchs. Sicher, wenn man die für die Erzeugung dieser Autos notwendige Energie (graue Energie) hinzuzählt, geht der relative Vorteil der Elektroautos stark zurück. Die Produktion der Batterien verbraucht in der Tat viel Energie, was den Vorteil des hohen Wirkungsgrads der Elektromotoren reduziert.

Die Hauptpluspunkte der Elektroautos liegen aber anderswo. Erstens stösst ein Elektroauto vor Ort weder Feinstaub noch CO2 aus, weil Elektromotoren keine direkten Emissionen aufweisen. Sie bieten also ein bedeutendes Potenzial für die Reduzierung der Umweltbelastungen in Städten. Sie verursachen allerdings indirekte Emissionen, insbesondere bei der Erzeugung des von ihnen verbrauchten Stroms. Wenn der vorhandene Strommix eine niedrige CO2-Intensität aufweist, wie dies in der Schweiz der Fall ist [→ F12], hat das Elektrofahrzeug nur geringe Auswirkungen auf das Klima. In der Schweiz stösst ein Elektrofahrzeug zwischen 7 und 23 Gramm CO2 pro zurückgelegtem km aus, im Gegensatz zu den durchschnittlich 145 Gramm eines Benzinautos. Das Elektroauto bietet also eine einzigartige Möglichkeit, unseren Verkehrssektor CO2-ärmer zu machen. Abgesehen von den Biotreibstoffen der ersten Generation, die die Schweiz nicht unterstützen möchte [→ F56], verfügen wir über keine anderen kurzfristigen Optionen zum Verzicht auf fossile Treibstoffe.

Ausserdem kann das Elektroauto die Energieunabhängigkeit der Schweiz (und gleichzeitig auch noch ihre Zahlungsbilanz) verbessern, indem sie importiertes Benzin durch Strom ersetzt, der vor Ort produziert werden kann.

Das Elektroauto hat aber auch gewisse Nachteile, von denen die meisten durch entsprechende Begleitmassnahmen abgeschwächt werden könnten. Erstens wird das Elektroauto natürlich den Schweizer Stromverbrauch steigern und damit die Herausforderung des Kernenergieausstiegs vergrössern. Die Auswirkung auf unseren Gesamtstromverbrauch sollte allerdings bescheiden bleiben: Eine Fahrzeugflotte mit 10% Elektroautos würde zu einem 2 bis 3%igen Anstieg des Stromverbrauchs führen. Problematisch hingegen könnte die Auswirkung auf die Spitzenlast des Stromnetzes sein, insbesondere am Abend, wenn alle gleichzeitig ihre Batterien aufzuladen versuchen, genau dann, wenn bereits eine maximale Nachfrage besteht. Es bräuchte sogenannte „intelligente“ Ladestationen, die es ermöglichen, die Ladung der Batterien auf einen längeren Zeitraum zu verteilen, sowie eine Förderung von Ladestationen an Arbeitsplätzen.

Im kommenden Jahrzehnt werden die zwei Haupthindernisse für die Annahme dieser Technologie weiterhin der Kaufpreis und die begrenzte Reichweite sein. Letztere wird durch tiefe Temperaturen verstärkt, weil Kälte die Batterieleistung beeinträchtigt. Dennoch sind die Elektroautos bereits heute praktisch konkurrenzfähig, weil ihr höherer Kaufpreis durch ihre sehr niedrigen Betriebskosten kompensiert werden: 100 gefahrene Kilometer kosten ca. 3 Franken Strom, im Gegensatz zu 11 Franken Benzin für ein klassisches Auto vergleichbarer Grösse. Ausserdem müssen Elektroautos vergleichsweise wenig gewartet werden, wodurch etwa 35% der Service-Kosten eingespart werden können.

Quellen

Cobb (2016)
(). Global plug-in car sales cruise past 1.5 million. [Online]. Available at: https://www.hybridcars.com.
Office fédéral de l'énergie (OFEN) (2018)
(). En 2017, la consommation des nouvelles voitures de tourisme était de 5,87 litres aux 100 kilomètres. [Online]. Available at www.admin.ch/gov/fr/accueil/documentation/communiques.msg-id-71338.html.
Swiss Centre for Life Cycle inventories (2019)
(). Ecoinvent. [Online]. Available at: www.ecoinvent.org. Retrieved from www.ecoinvent.org/database7
Vuille & Montemurro (2011)
& (). Essor de la voiture électrique en Suisse - impact, forces et faiblesses de l’électromobilité. Bulletin AES - Branche Mobilité Electrique, 102(2). 8.
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