Inwieweit ist die saisonale Speicherung eine zentrale Herausforderung für unser zukünftiges Energiesystem?

Die Schweiz produziert im Sommer einen Stromüberschuss, kann ihren Bedarf im Winter aber nicht eigenständig decken und muss dieses Defizit durch Importe ausgleichen. Dieser Trend wird sich wahrscheinlich noch verstärken. Die Übertragung dieses überschüssigen Stroms ins Winterhalbjahr mittels saisonaler Speicherung würde unsere Energieabhängigkeit vom Ausland reduzieren.

Die Schweiz kann derzeit ihren Strombedarf von Mai bis Oktober mit ihren Kern- und Wasserkraftwerken decken. Im Juli und September wird sogar ein bedeutender Stromüberschuss exportiert. Hingegen muss sie im Winterhalbjahr – in dem die Nachfrage die Produktion bei weitem übersteigt – grosse Mengen an Strom importieren [→ siehe Abb. unten].

Diese Situation erklärt sich durch ein Zusammenspiel ungünstiger Umstände. Einerseits ist der Stromverbrauch im Sommer um 20 bis 30% niedriger als im Winter, ein Unterschied, der im Wesentlichen auf die Nutzung von Stromheizungen zurückzuführen ist [→ F26].. Andererseits ist die Stromerzeugung der Schweiz (trotz niedriger Stromerzeugung der Kernkraftwerke im Sommer) derzeit in den Sommermonaten 10-15% höher als im Winter. Das ist hauptsächlich auf die jahreszeitlich unterschiedliche Produktion der Laufwasserkraftwerke zurückzuführen: Die Flüsse führen im Sommer aufgrund der Schneeschmelze bedeutend mehr Wasser als im Winter.

Die Stilllegung unserer Kernkraftwerke, die Erhöhung der Wasserkraft-Leistung und insbesondere der Ausbau des Solarstroms (Photovoltaik) wird diese saisonale Ungleichheit noch verstärken. Es wird immer schwieriger werden, unseren winterlichen Strombedarf zu decken, während wir die Mittel haben, mehr Strom zu produzieren, als wir im Sommer brauchen. Es liegen zahlreiche Energiewendeszenarien vor, in denen wir im Sommer – wenn die Nachfrage und die Preise niedrig sind – mehr Strom exportieren und im Winter – wenn die Preise höher sind – mehr Strom importieren.

Wenn es uns gelingen würde, diesen sommerlichen Stromüberschuss bis zum folgenden Winter zu speichern, könnten wir unsere Energieunabhängigkeit bedeutend erhöhen, unsere Energie-Zahlungsbilanz verbessern und den Anteil der erneuerbaren Energie (Solarstrom) in unserem Verbrauchsmix erhöhen. Die saisonale Speicherung bleibt aber dennoch eine grosse Herausforderung, insbesondere auf wirtschaftlicher Ebene [→ F73].

Quellen

Office fédéral de l'énergie (OFEN) (2018)
(). Statistique suisse de l’électricité 2018. OFEN.
Office fédéral de l'énergie (OFEN) (2019)
(). Statistique globale de l’énergie 2018. OFEN.
Schleiss (2012)
(). Talsperrenerhöhungen in der schweiz: energiewirtschaftliche bedeutung und randbedingungen. Wasser Energie Luft, 104(ARTICLE). 199–203.
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